Das Simson SR2-Projekt von Martin
Erstmal zum Laufen bringen!
Martin ist versierter Hobbytüftler und hatte vor Kurzem das Glück, eine alte Simson SR2 in die Hände zu kriegen. Hier schreibt er über die Restauration, gibt Einblicke und liefert hilfreiche Tipps & Tricks!
Zunächst ein herzliches Hallo an alle Simson-Liebhaber und Freunde des guten Geschmacks für diese Oldtimer-Mopeds!
Ich möchte euch mit diesem Beitrag ein paar Einblicke in die Arbeiten an meinem SR2 geben und hoffe, dass ihr einige interessante Erkenntnisse für euer Projekt mitnehmen könnt. Schließlich schraubt man ja nicht alle Tage an so einer schönen alten Technik und es ist teilweise faszinierend, was sich Ingenieure vor gut 60 Jahren alles so haben einfallen lassen.
Was haben wir hier vor uns stehen?
Irgendwann im August ergab sich die Möglichkeit, einen alten SR2 aus einer Garage in Niedersachsen zu erwerben. Der Andrang war gigantisch, wie die Verkäuferin berichtete.
Ohne lange zu fackeln wurde noch am selben Tag der Anhänger für den Transport startklar gemacht und der alte Hobel abgeholt. Auf der Bühne und unter Licht konnte ich dann die erste wirklich aussagekräftige Inspektion durchführen, was zu ziemlich guter Laune führte.
Warum? Bis auf 2 kleine Dellen am hinteren Schutzblech waren keine Beule und keine böse Schweißnaht zu erkennen, das war schon mal viel Wert. Das noch verbliebene Versicherungskennzeichen weist auf die Jahreszahl 1961 hin, was eine lange Standzeit bedeutete.
Wer sich schon etwas mit dem SR1 und SR2 auskennt, wird schnell feststellen, dass bei dem hier vorliegenden Modell teilweise Anbauten aus beiden Serien vorhanden sind. Das liegt daran, dass bei der Herstellung der ersten SR2 um 1957 noch Teile des SR1 verwendet wurden und mein SR2 war Bestandteil der ersten 20%, die vom Band liefen.
Erklärtes Ziel: erstmal zum Laufen bringen
Da alles (einschließlich Verschleißteile) an diesem Moped original schien, musste natürlich auch vieles ausgetauscht werden, um überhaupt die Grundfunktionen wiederherzustellen: Fahren, Lenken, Bremsen.
Also habe ich direkt die erste Bestellung bei Sausewind aufgegeben, um die offensichtlichen Arbeiten durchführen zu können:
Lenker – Klemmstücke und Bowdenzüge wechseln
Und dann ging es auch schon an die Arbeit: Zuerst die Kupplungsseite. Hier war direkt zu erkennen, dass das Klemmstück gebrochen war und die Führung des Kupplungszuges keine Führung mehr besaß. Super, dass bei Sausewind noch ein bezahlbares Original-Ersatzteil vorrätig war. Neben dem Kupplungshebel, der in das Klemmstück greift, dürfte dieses Teil mit am häufigsten verschlissen sein.
An der Unterseite des Motors werden nach Entfernen des Deckels die beiden Züge für die Kupplung und die Schaltung eingehängt. Hierbei ist mir aufgefallen, dass der Kupplungshebel etwas zu weit rausschaute und dadurch die Kupplungsstange beim Ziehen des Kupplungshebels nicht betätigt wurde (kein Leerlauf trotz gezogenem Kupplungshebel).
Mit leichtem Umweg über den Kupplungsdeckel, die Madenschraube und die Druckstange konnte ich den Hebel wieder ganz hineindrücken, sodass die Kupplung wieder sauber getrennt hat – das Problem war dann also auch gelöst.
Tipp: Alle neuen Bowdenzüge am besten vor der Montage durch die Öffnung an der Lampenhalterung führen und die alten Züge entfernen. Dann kann die Gummitülle für die Bowdenzugdurchführung gleich mit gewechselt werden und man quält sich nicht so wie beim Tausch von einzelnen Zügen.
Grundsätzlich: Bei der Gelegenheit war es selbstverständlich, alle Teile von altem Dreck und Fett zu befreien und Reibeflächen neu einzufetten, um eine wesentlich bessere Gangbarkeit und auch Langlebigkeit zu erreichen. Die Bowdenzüge dürfen nicht geölt werden, wenn sie teflonbeschichtet sind (wie in unserem Fall)!
Auf der Gasgriff-Seite wurde es dann etwas dramatischer, da die Klemmfeder defekt war und beim Auseinanderbauen herausfiel. Die Suche nach diesem Ersatzteil war umso schwieriger, weil es sich hier um die abgewinkelte Variante handelte, die (gefühlt) nicht mehr zu finden ist.
Nach einer konkreten Anfrage bei Sausewind konnte ich allerdings noch eine solche erwerben und die Kuh war zum Glück vom Eis. Ohne diese Feder funktioniert der Gashebel nicht, da sie als Anschlagspunkt dient und damit unersetzlich ist.
Die gebogenen Stellschrauben der modernen Bowdenzüge (Kupplung, Gas) haben jeweils ein Gewinde, die Klemmstücke jedoch noch nicht. Erst bei moderneren Klemmstücken konnte man mithilfe der Gewinde ein weiteres Verstellen durch Raus- und Reindrehen erzielen. Keine große Herausforderung war der Bremszug, da er einfach aus- und wieder eingehängt werden kann.
Reifen
Ein Wechsel der Reifen sollte bei so einem alten Fahrzeug in jedem Fall durchgeführt werden. Die alten Decken sind rissig und die Schläuche dünnhäutig geworden, also weg damit. Auch dieser Aufwand hielt sich in Grenzen, da die Demontage der Räder durch das Lösen weniger Schrauben erledigt ist. Natürlich habe ich dabei auf die originalen Größen zurückgegriffen, um die Optik zu erhalten.
Restarbeiten
Das Innere des Tanks war erstaunlich gut erhalten, nur eine leichte Rostschicht auf dem Buckel (wenn man reinschaut) war erkennbar. Natürlich musste der Vergaser einer gründlichen Reinigung unterzogen werden nach so langer Zeit und der Benzinhahn hielt auch nicht mehr das, was er mal halten sollte: Den Sprit in der Leitung.
Der Benzinhahn wurde kurzerhand ausgetauscht, beim Vergaser war dann doch eine längere Reinigungsaktion von Nöten. Ein Ölwechsel und die Prüfung der Kupplung wurde gleich bei der Aktion mit der Kupplungsstange erledigt, denn ohne Öl sollte man den Motor auch nicht anwerfen.
Sprang er am Ende auch an?
Nachdem alle Arbeiten erledigt waren ging es an den ersten vorsichtigen Start und was soll ich sagen: das zweite Mal machte sich ein breites Grinsen breit, als der gute Rheinmetall-Motor Rh50 2 mit Pedalkickstarter das erhoffte Lied im Zweitackt spielte: Deng Dededeng Deng Deng Dededeng … ihr kennt das ja. Die Feinjustierung der Kupplung ging auch schnell dank Nachstellschraube und mit Gang 2 fuhr ich an diesem Abend in den Sonnenuntergang. Gut, das Ende war jetzt etwas kitschig, aber so ähnlich hat es sich angefühlt.
Interessiert euch das Projekt? Dann schreibt uns in den Kommentaren oder über unsere Kanäle, was ihr gerne sehen möchtet und wie die Restauration des SR2 von 1957 weitergehen könnte.
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